Ahnenforschung Guercke

Familiengeschichte Guercke aus Gralow und Zossen

1. Das Mysterium des Urahn

Die Abschrift des Gralower Kirchenbuchs im polnischen Staatsarchiv in Landsberg/Warthe beginnt 1810 (nach Napoleon) und endet 1874 mit der Einführung der Standesämter. Aus den Eintragungen kann man schließen, dass Gottfried Guerike zwischen 1787 und 1790 nach Gralow kam. Sein Sohn Gottlieb wurde 1790 dort geboren, sein Sohn Johann Friedrich jedoch 1787 in Schönfeld, Kreis Königsberg/Neumark. Aus privater Quelle eines Nachfahren des Gottlieb Guercke wurde die Eheschließung mit Johanna Eva Charlotte von Lud(e)wig 1781 in Glogsen, Kreis Züllichau,Neumark angegeben. Aber Glogsen hatte zu der Zeit keine Kirche, man ging dafür in das nahe Kay. Allerdings waren Trauungen auf dem Gut nicht selten, und Glogsen hatte wie fast alle Dörfer in der Neumark auch ein adliges Gut. Die Familie von Ludwig hatte Güter im Kreis Sternberg in der Neumark, doch konnte eine Johanna Eva Charlotte bisher nicht nachgewiesen werden. Die meisten Kirchenbücher der Neumark sind 1945 verbrannt. Eine Verwandschaft der Gutsbesitzer von Glogsen, ein Herr von Thümen verheiratet mit einer Frau von Winterfeld, mit der Familie von Ludwig besteht nicht. Warum also Glogsen?

Die Klassifikation von 1810 (Volkszählung) in der Neumark weist Gottfried Guercke als Kutscher in Gralow aus. Aus einer Heiratsurkunde des Sohns Johann Friedrich 1825 geht die Funktion des Vaters als Wirtschaftsschreiber hervor. Beide Tätigkeiten sind vom jeweiligen Gutsherrn abhängig. Kutscher und Schreiber kamen in dieser Zeit häufig aus dem Militär. In den vorhandenen Kirchenbüchern der Neumärkischen Regimenter konnte bisher keine Geburts- oder Heiratsangabe für Gottfried Guerike gefunden werden. Eine Herkunft aus dem Kreis Züllichau ist genau so denkbar wie aus Niederschlesien oder aus Posen.

In Gralow gab es keine weitere Familie mit dem Namen Guercke. Da eine Frau von Winterfeld zu der Zeit um 1780 auf Glogsen lebte und ein Herr von Winterfeld 1782 Schönfeld kaufte, gibt es eine Verbindung von Glogsen nach Schönfeld. Warum er dann nach Gralow ging ist unklar, da auch das Gutsarchiv 1945 verbrannt ist.

2. Die Karriere des Johann Friedrich Wilhelm Guercke

Johann Friedrich Wilhelm Guercke wurde in Schönfeld, Kreis Königsberg/Neumark geboren. Laut Altersangabe seines Todeseintrags im Berliner Kirchenbuch wurde er 1787 geboren. Neben Schönfeld liegt der Ort und das Gut Trossin. Dieses erwarb Graf von Voß 1808. 1816 wollte er das Jagdrecht für ein zu Schönfeld gehörendes Gebiet haben, was er aber erst 1821 bekam. Otto Karl Friedrich Graf von Voß wurde 1821 als Nachfolger Hardenbergs Präsident des Staatsministeriums und des Staatsrats in Berlin. Daher brauchte er wohl einen Jäger in Schönfeld. Warum dies Johann Friedrich aus Gralow wurde, der ja in Schönfeld geboren wurde, ist unklar. Eine 1823 ausgestellte Urkunde für die Wittwe des Grafen von Voß, er starb 1823, zeigt die Berufung des Johann Friedrich als Leibjäger der Gräfin von Voß auf das Landgut der von Voß nach Buch bei Berlin. Im Schriftwechsel der Familie von Voß im Preußischen Staatsarchiv findet sich darüber nichts.

In Buch wurden zwei Kinder konfirmiert, das dritte Kind jedoch nicht. Johann Friedrich wird erst wieder 1847 als Förster im Berliner Adreßbuch unter Gürcke aufgeführt. Er stirbt dort in der Nähe des Stadtpalais der Familie von Voß 1847 als Wittwer. Wo er die Zeit zwischen 1835 und 1847 verbracht hat ist noch unbekannt, enbenso wo und wann seine Frau starb. Auch ist unklar was aus den Töchtern wurde. Sein Sohn Julius jedoch kam 1837 auf das Lehrerseminar nach Potsdam.

3. Friedrich Wilhelm Julius Guercke Lehrer in Zossen 1840 - 1860

Am 5.Oktober 1840 erreichte den Schulamts-Candidaten Julius Friedrich Wilhelm Guercke, wohnhaft bei dem Schullehrer Giese in Carow bei Potsdam nach Abschluss des dreijährigen Lehrerseminars in Potsdam der folgende Brief der Königlichen Regierung Abteilung für die Kirchenverwaltung und das Schulwesen zu Potsdam:

Wir weisen Sie hiermit an, sich schleunigst nach Zossen zu begeben und sich daselbst unter Vorzeigung dieser Anweisung bei dem Magistrat und der Geistlichkeit am Orte zu melden um eine dort erledigte Lehrerstelle zu übernehmen, und wie alle angeforderten Lehrer zunächst provisorisch zu verwalten. Sie werden wöchentlich 30 Stunden Unterricht … an der Ortsschule ertheilen und wenn es von uns angeordnet werden sollte, die Leitung des Gesanges namentlich der Liturgie in der Kirche und die Einübung eines Sängerchores dazu übernehmen müssen. Ihr Gehalt beträgt incl. Wohnung oder zusätzlicher Jahres Mietentschädigung einhundertfünfzig Thaler. Umzugskosten wird Ihnen der Magistrat zu Zossen erstatten. Sie haben uns allerschleunigst den Empfang dieser Anweisung und Ihren Abgang nach Zossen anzuzeigen…. Der Magistrat möge…nach einem Jahr über sein Verhalten und seine Amtsführung Bericht erstatten.

Julius Friedrich Wilhelm Guercke, am 4.2.1819 in Trossin in der Neumark geboren, war 21 Jahre alt, als er das Amt in Zossen antrat. Sein Vater Johann Friedrich Wilhelm Guercke verließ die Neumark 1825 und trat als Leibjäger in die Dienste der Gräfin Karoline Maria Susanne von Voß-Buch geb. Finck von Finckenstein auf ihrem Schloßgut in Berlin-Buch. Dort in Berlin-Buch wuchs Julius heran, wurde 1833 in der Schlosskirche von Buch konfirmiert und vermutlich mit Einfluss der Familie von Voß im Alter von 18 Jahren auf das Lehrerseminar in Potsdam geschickt.

Entsprechend der Aufforderung bestätigte Julius Guercke am 10.Oktober in einem Schreiben an die Königliche Hochlöbliche Regierung:

…mir das Glück zu Theil geworden ist, eine erledigte Schullehrerstelle in Zossen übernehmen zu können… Zudem ich für die Uebertragung dieser Lehrerstelle meinen gehorsamsten Dank abstatte, bemerke ich,daß ich mich allen Anordungen Eurer Hochlöblichen Regierung stets pünktlich unterziehen und mich am 12ten des Monats nach dem Ort meiner Bestimmung verfügen werde.

In Zossen war die Stelle des vierten Lehrers an der Stadtschule vakant geworden und die Stadt hatte bei der Schulverwaltung um die Zuweisung eines Lehrers gebeten. 1840 hatte die Stadt 385 schulfähige Kinder.1847 ist die Aufteilung der dann 365 Kinder wie folgt: 1.Klasse – 47 Schüler,2. Klasse – 64 Schüler, 3. Klasse – 76 Schüler, 4. Klasse A – 100 Schüler, B –78 Schüler. Nach den damaligen Vorschriften sollte keine Klasse mehr als 80 Schüler haben.

1842 wurde Julius Guercke in der Conduitenliste der Küster und Schullehrer in der Superintendantur wie folgt beurteilt: Amtstüchtigkeit: er unterrichtet gut, Amtsführung: treu und ordentlich, Lebenswandel: ehrlich. Auf dieser Basis konnte eine Familie gegründet werden und er heiratete 1844 in Zossen Amalie Auguste Pundt, * 18.9.1822 als Tochter des Büdners Johann Karl Pundt in Sperenberg bei Zossen und der Charlotte Louise Schrammen.

1847 waren die Einnahmen aus der Lehrerstelle wie folgt aufgeteilt: - Gehalt aus der Kämmereikasse 100 Thaler - Zulage von der königlichen Regierung 30 Thaler - Wohnungszulage 10 Thaler - 7 Klafter Holz 31,15 Thaler Summe 171,15 Thaler

1849 legte Julius Guercke dann den folgenden Bürgereid ab: Ich Julius Friedrich Wilhelm Guercke schwöre zu Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, dem königlichen Magistrat von Preußen meinem allergnädigsten Herrn ich unterthänigst treu und gehorsam sein, meinen Vorgesetzten willige Folge leisten, meine Pflichten als Bürger gewissenhaft zu erfüllen und zum Wohle der Stadt und der Gemeinde zu der ich gehöre, mit all meinen Kräften mitwirken will, sowahr mir Gott helfe.

Aus der Ehe mit Amalie Pundt stammen drei Söhne:

Hugo Max Theodor Alfred Guercke, * 26.7.1845 in Zossen. Er heiratet in Lichtenrade und lebte als Kaufmann in Berlin.

Oskar Max Richard Guercke, * 10.8.1848 in Zossen. Er wurde Königlicher Polizeimajor in Berlin und hat noch heute ein Ehrengrab in Berlin.

Paul Otto Guercke, * 22.1.1854. Er blieb in Zossen als Kaufmann und Fouragehändler und lebte am Marktplatz Nr. 16.

Leider stieg das Gehalt als 4. Lehrer nicht weiter an, was wohl auch an der Beurteilung durch die Schulaufsicht lag. War 1842 noch eine günstige Beurteilung erstellt worden, so hieß es schon 1845: Amtstüchtigkeit: mittelmäßig, Amtsführung: ohne Tadel, Lebenswandel: gut. Aber schon 1850 heißt es: er hat keine feste Gesundheit, er leidet am Halse und hat zur Kräftigung seiner Gesundheit das Bad in Salzbrunn gebraucht. 1854 hieß es: kränklich doch sein Amt erfüllend.

Dieses versuchte er wohl durch zusätzliches Engagement zu festigen. So hielt er auf der jährlichen Kreislehrerkonferenz 1855 einen Vortrag über den Schmalkaldischen Krieg, 1857 dann über die Verdienste des Großen Kurfürsten um den brandenburgischen Staat und 1859 zu dem noch heute aktuellen Thema: Wie wichtig und nöthig ist für den Lehrer die Gemeinschaft und der geistige Verkehr mit seinen Amtsgenossen.

1861 ist Julius Guercke wohl aus dem Lehrerdienst ausgeschieden, da er in den Beurteilungen nicht mehr erwähnt wird. In den nachfolgenden Kirchenbucheintragungen wird er als Rendant der Stadt Zossen bezeichnet, was bedeutet, dass er mit ca. 40 Jahre dann in die Dienste der Stadtverwaltung Zossen trat. Er konnte 1894 die Goldene Hochzeit feiern und starb im relativ hohen Alter von 85 Jahren am 21.8.1904 am Schlaganfall.

Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep 2 A/II T, Bürgerurkunde Stadt Zossen, Kirchenbücher Zossen